Bürgerinitiative Gegenwind-Schneifel

Offener Brief an die Ratsmitglieder der VG Prüm vom 08.08.2016


Sehr geehrtes Ratsmitglied,
die letzte VG-Ratssitzung und Veröffentlichungen in der Presse veranlassen uns, Ihnen und allen Ratsmitgliedern der VG Prüm heute zu schreiben.
Denn zum Thema Windenergie und Flächennutzungsplan (FNP) tauchen immer wieder Feststellungen und Behauptungen auf, die entweder Fehlinformationen sind oder vielleicht sogar bewusst falsch verbreitet werden.
Uns ist es ein Anliegen, Ihnen einige Fakten darzulegen, um Sie bei Ihrer Ent-scheidung zu unterstützen.
1) Behauptung:
Wenn der FNP Windenergie nicht verabschiedet wird, droht die Verspargelung.
Dies ist nicht korrekt, denn die Verbandsgemeinde Prüm hat einen gültigen FNP Teilfort¬schreibung Windenergie von 2004. Dort sind konkrete Flächen ausgewie¬sen. Dieser Plan bleibt und ist gültig bis die neue Teilfortschreibung verabschiedet wird. Dies wurde uns auf telefonische Nachfrage durch die Verbandsgemeindever¬waltung bestätigt.
2) Behauptung:
Mindestens 2 % der Fläche müsse die VG-Prüm für Windenergie ausweisen.
Auch dies ist nicht richtig. Im LEP IV, der gerade überarbeitet wird, ist das politische Ziel, in RLP 2% der Fläche für Windkraft auszuweisen, bereits von einer 2%-Vorgabe zu einem landesplanerischen Grundsatz herab¬gestuft.
Auf Nachfrage bei MDL Nico Steinbach vom 29.07.2016 wurde uns bestätigt, dass es sich bei den 2% nicht um eine Vorgabe, sondern um einen Planungsgrundsatz handelt, der als Orientierung für die Planung der Gemeinden dient.
Demnach sind diese 2% KEIN rechtlich verbindliches Planungsziel und somit kein Muss. 
Im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 10. Mai 2013 heißt es dazu:
„zu G 163 a: Zur Umsetzung der energiepolitischen Ziele leistet insbesondere die Windenergie einen bedeutenden Beitrag. Der für das Erreichen der klima- und energiepolitischen Ausbauziele notwendige Flächenbedarf liegt in einer Größen-ordnung von ca. zwei Prozent der Landesfläche, der insbesondere durch den Flächenbedarf für die Errichtung von Windenergieanlagen verursacht wird. Die erforderlichen Flächen sollen gemeinsam von Regional- und Bauleitplanung gesichert werden.“
Und weiter im Text:
„Die Regionen des Landes leisten hierzu entsprechend ihrer natürlichen Voraus-setzungen einen anteiligen Beitrag“. 
Im Klartext bedeutet dies, dass die Gemeinden zwar verpflichtet sind zu prüfen, ob ggfs. weitere Gebiete für Windkraft ausgewiesen werden können und somit eine Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans Windenergie durchzuführen. Die Gemeinde ist aber nicht verpflichtet neue Gebiete auszuweisen, wenn nachvollziehbare Ausschlusskriterien gegen Windkraft sprechen. Entscheidend ist, dass die beschlossenen Kriterien auf das gesamte Gebiet seriös angewendet werden. „Bei der Auswahl der Flächen für Windenergie soll die Ge-meinde allgemeingültige und dem jeweiligen Schutzzweck angemessene Kriterien für das gesamte Gemeindegebiet abwägend anwenden.“ steht im vom Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz veröffent-lichten Papier „Windenergie und Kommunen Leitfaden für die kommunale Praxis“. 
Die von der Verbandsgemeinde Prüm 2013 beschlossenen Kriterien zu Horstab-ständen (1.500 m zu Rotmilan, 3.000 m zu Schwarzstorch) entsprechen den Min-destabständen aus dem sogenannten Helgoländer Papier, das von der Länderarbeitsgemeinschaft der staatlichen Vogelschutzwarten festgelegt wurde. Als Prüfbereich auf regelmäßig angeflogenen Nahrungshabitate oder Schlafplätze empfiehlt das Helgoländer Papier sogar 4.000 m beim Rotmilan  und bis zu 10.000 m beim Schwarzstorch. Diese Kriterien sind wissenschaftlich fundiert und sind auch zu finden in „Naturschutz¬fachlicher Rahmen zum Ausbau der Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz“, be¬auftragt durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz. Es gibt keinen Grund diese Kriterien zu ändern, erst recht nicht in einem Naturpark/FFH-Gebiet.
3) Behauptung:
Es drohen Schadensersatzklagen von den Windkraftprojektierern.
Schadensersatzklagen, können nur dem drohen, der potentielle Windenergieflächen besitzt und voreilig mit Windkraftbetreibern verpflichtende Verträge abge¬schlossen hat. Solange der neue FNP nicht verabschiedet ist, ist dies Risiko jedes Einzelnen, ob nun ein Privater oder das Land RLP der Besitzer des Grundstückes ist. Die VG hat keine eigenen Flächen, die für Windenergie in Frage kommen. Wenn die VG-Prüm dennoch irgendwelche Verträge abgeschlossen haben sollte und dadurch Verpflichtungen mit Windkraftprojektieren eingegangen ist, müssten Sie als VG-Ratsmitglied eigentlich darüber Bescheid wissen.
Aus unserer Sicht, lohnt es sich aber die folgenden Fragen zu stellen:
1) Welche Motivation steckt dahinter, die in einem Ratsbeschluss festgelegten Kriterien ohne Abstimmung mit dem Rat abzuändern?
2) Bereits im April wurden Windmesseinrichtungen von Windkraftprojektieren in Gebieten der Schneifel aufgestellt (u.a. 50m NO der AirStation), die erst durch Änderung der Kriterien (Verkürzung der Abstände zu Horsten), überhaupt in Betracht kommen konnten und im 2014 vorgestellten Vorentwurf des Flächen-nutzungsplans ausgeschlossen sind. Wieso erfahren Sie, als Ratsmitglied und die Öffentlichkeit erst im Juli von der Änderung der Kriterien und damit von der möglichen Vergrößerung des Gebiets? Und warum scheint dies den Windkraftprojektierern bereits im April bekannt gewesen zu sein?
Von BGH-Plan wurde bei der VG-Ratssitzung am 05.07.2016 von einer Industriali-sierung der Schneifel gesprochen. Ja, bei Windkraftanlagen in der ge¬planten Größenordnung handelt es sich um Industrialisierung und da gibt es nichts zu beschönigen. Die Frage stellt sich, wollen wir dies in der Schneifel, einem funktionierenden Öko-system, das nicht nur ein Naturpark, sondern auch als europäisches FFH-Gebiet geschützt ist?
Wir, die Bürgerinitiative Gegenwind-Schneifel, halten den Zubau der Schneifel mit Windenergieanlagen für eine Katastrophe für die Natur und die Region. Intakte Natur hat einen nicht zu beziffernden Wert für unsere Lebensqualität, unsere Gesundheit und unsere Zufriedenheit und dient als Rückzugs- und Erholungsquelle für Mensch, Tier und Pflanzen.
Wir sehen keinen Grund vernünftige und fundierte Kriterien zu verbie¬gen, um den Bau von Windkraftanlagen in der Schneifel zu ermöglichen. 
Daher bitten wir Sie, sich nicht durch Angst erzeugende Argumente, Fehlinfor-mationen oder Fraktionszwang leiten zu lassen, sondern sich zu informieren, Ihr Mandat als Bürgerauftrag auszuüben und Ihrem Gewissen zu folgen.
Wir danken Ihnen, dass Sie sich mit dem Thema auseinandersetzen, und stehen Ihnen bei weiteren Fragen zur Windenergie in der Schneifel gerne zur Verfügung.
Bürgerinitiative Gegenwind-Schneifel
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